Kabinettsbeschluss: Neuer Regelsatz ist viel zu niedrig – Bundesregierung spart auf Kosten der Ärmsten

Heute hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf für die Neuberechnung der Regelsätze in der Grundsicherung und damit auch der Steuerfreibeträge beschlossen. Der Regelsatz soll 439 Euro monatlich für Erwachsene betragen, also 7 Euro mehr als bisher.

Wir haben  bereits vor der Sommerpause als erste und bislang einzige Fraktion ein eigenes Konzept zur Regelsatzermittlung vorgelegt und dies durch ein wissenschaftliches Gutachten unterfüttern lassen. Wir kommen dabei auf 603 Euro für Erwachsene.

Zum heutigen Kabinettsbeschluss über die neuen Regelsätze in der Grundsicherung habe ich mich wie folgt geäußert:

„Dieser Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht für Millionen Menschen in Deutschland. Die Bundesregierung ignoriert die vehementen Forderungen von Gewerkschaften, Sozial- und Familienverbänden und Wissenschaft nach einer Kurskorrektur in der Regelsatzermittlung. Mit Scheuklappen vor den Augen wiederholt das Arbeitsministerium stur die Taschenspielertricks früherer Regelbedarfsermittlungen. Sie spart weiter an den Ärmsten der Armen und nimmt in Kauf, dass das soziokulturelle Existenzminimum von sieben Millionen Menschen nicht gedeckt ist.

Die Corona-Krise hat durch den Wegfall von unterstützenden Hilfeleistungen, anfallenden Mehrbedarfen und steigenden Lebensmittelpreisen schonungslos offengelegt, wie massiv untergedeckt die derzeitige Grundsicherung ist. Dabei brauchen wir gerade jetzt eine Stärkung unterer Einkommen, damit sich die soziale Spaltung nicht noch weiter verschärft.

Ein Regelsatz von 439 Euro für Erwachsene ist nicht existenzsichernd. Er reicht bei weitem nicht aus, um ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe zu gewährleisten. Menschen in Hartz IV oder in der Grundsicherung im Alter sind abgekoppelt vom Rest der Gesellschaft. Das vertieft die soziale Spaltung und widerspricht dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses hat dem Gesetzgeber die Vorgabe gemacht, dass sich die Regelbedarfsermittlung  am Entwicklungsstand der Gesellschaft orientieren sollte. Davon kann bei diesem Gesetz keine Rede sein. In dem Gesetzesentwurf kommen lebensferne Beträge im Regelsatz wie rund 1,60 Euro im Monat für Bildung oder 5 Euro am Tag für Lebensmittel heraus.

Wir Grüne haben vor kurzem ein eigenes Konzept zur Ermittlung der Regelbedarfe vorgelegt. Wir fordern, dass die untersten 15 Prozent der Einkommen als Referenzeinkommensbereich zu Grunde gelegt werden, ohne nachträgliche Streichungen von Ausgaben und bereinigt um verdeckt Arme. Es muss Schluss sein mit den Taschenspielertricks. Wir fordern eine schrittweise Anhebung des Regelsatzes für Erwachsene auf 603 Euro im Monat. Von einer deutlichen Regelsatzerhöhung profitieren gerade auch untere sowie mittlere Einkommensgruppen über eine Entlastung bei der Einkommensteuer.

Wir Grüne werden unser alternatives Konzept der Regelsatzermittlung in den Bundestag einbringen. Das Parlament ist der Ort der politischen Debatte darüber, was jedem Mensch in Deutschland als Existenzminimum zusteht. Diese Debatte werden wir intensiv führen. Union und SPD müssen dann Farbe bekennen.“

RND hat dazu berichtet.