IDAHOBIT 2023: Bundesregierung muss fest an der Seite von LSBTIQ* stehen.

Am 17. Mai 1990 wurde Homosexualität aus dem Diagnoseschlüssel ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestrichen wurde. Seitdem gilt sie offiziell nicht mehr als Krankheit. Aus diesem Anlass wird jährlich am 17. Mai der Internationale Tag gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit (IDAHOBIT) begangen.

 

Dazu erklärt Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter):

 

„Noch immer droht Lesben, Schwule, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen (LSBTIQ*) in vielen Staaten Gefängnis und in 11 Ländern sogar die Todesstrafe. Sie werden kriminalisiert, stigmatisiert und verfolgt. Ihre Menschenrechte werden nicht überall anerkannt geschweige dann durchgesetzt. Angriffe auf LSBTIQ* sind dabei oftmals eingebettet in autoritäre, rechtspopulistische, religiös-fundamentalistische und nationalistische Politiken. Sie zielen immer auch auf den Abbau von Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Gewaltenteilung insgesamt ab.

 

Der IDAHOBIT betont auch den Mut von Millionen queerer Menschen auf der ganzen Welt, sich gegen Diskriminierung zu verteidigen, um in Freiheit und in Würde leben und lieben zu können. Die Bundesregierung muss fest an der Seite von LSBTIQ* stehen – in Deutschland und weltweit.

 

Offen, sicher und gleichberechtigt leben zu können, ist auch für LSBTIQ* in Deutschland bis heute nicht selbstverständlich. Die registrierten Vorfälle von Hasskriminalität zeigen, dass jeden Tag LSBTIQ* in Deutschland beleidigt, angegriffen und attackiert werden.

 

In der aktuellen Debatte um das geplante Selbstbestimmungsgesetz stehen transgeschlechtliche Menschen im Dauerfeuer. Sie werden alltäglich lächerlich gemacht, als Bedrohung dargestellt oder gleich ganz in ihrer Existenz in Frage gestellt. Erst jüngst wurde mit Verbotsforderungen und Skandalisierung gegen eine Lesung von Drag Queens mobilisiert, weil diese angeblich gefährlich für Kinder sei. Wir müssen nicht nach Russland, Ungarn oder in die USA schauen, um politische Kräfte zu finden, die LSBTIQ* in die Rechtslosigkeit und Unsichtbarkeit zurückdrängen wollen. Deutschland darf sich nicht auf dem Erreichten ausruhen.

 

Im Koalitionsvertrag hat die jetzige Bundesregierung zahlreiche queerpolitische Vorhaben vereinbart, von denen einige bereits umgesetzt sind. Dazu gehört etwa die Abschaffung des Diskretionsgebots für queere Geflüchtete sowie die explizite Berücksichtigung von LSBTIQ* im Aufnahmeprogramm für Afghanistan. Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem LSBTIQ*-Feindlichkeit ausdrücklich als menschenverachtender Beweggrund in die Strafgesetze zu Hasskriminalität aufgenommen wird. Zudem wurde die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern sowie von trans* Menschen bei der Blutspende gesetzlich beendet. Erstmalig wurde ein bundesweiter Aktionsplan „Queer leben“ verabschiedet, um LSBTIQ*-Feindlichkeit entschieden entgegenzuwirken und in allen Bereichen die Akzeptanz von Vielfalt nachhaltig zu fördern.

 

Wir brauchen jetzt mehr Tempo bei den weiteren gesetzlichen Vorhaben. Das Abstammungs- und Familienrecht muss auch Regenbogenfamilien besser abbilden, vor allem die Diskriminierung lesbischer Paare und ihrer Kinder muss beendet werden. Das Grundgesetz braucht ein Update in Artikel 3, um Menschen vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität zu schützen. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz wollen wir trans- und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen rechtlich anerkennen und das über 40 Jahre alte, in Teilen menschenrechtswidrige Transsexuellengesetz abschaffen. Statt über psychiatrische Zwangsgutachten und demütigende Gerichtsverfahren soll eine Änderung des Geschlechtseintrages und des Vornamens künftig durch eine Erklärung vor dem Standesamt möglich sein.“