Statement zu den in der Stadtarbeitsgemeinschaft LST vorgestellten Umfrageergebnisse des anyway zur Lage queerer Jugendlicher in der Coronakrise

Sven Lehmann, Bundestagsabgeordneter für Köln und Sprecher für Queerpolitik der Grünen Bundestagsfraktion kommentiert die gestern in der Kölner Stadtarbeitsgemeinschaft LST vorgestellten Umfrageergebnisse des anyway zur Lage queerer Jugendlicher in der Coronakrise:

„Die Ergebnisse der Umfrage des anyway, als Anlaufpunkt queerer Jugendlicher weit über Köln hinaus, sind erschreckend. Gerade hat sich in der Antwort der Bundesregierung auf unsere Große Anfrage zur gesundheitlichen und sozialen Situation von LSBTI in Deutschland bestätigt, was wir eigentlich schon lange aus internationalen Studien wissen.

Diskriminierung macht krank und grenzt sozial aus. Die gesundheitliche und soziale Situation von queeren Menschen in Deutschland ist Besorgnis erregend. Das gilt ganz besonders für queere Jugendliche. Das Ringen um Akzeptanz in der Familie, am Arbeitsplatz, im Sportverein kostet Kraft.

Es braucht sichere Räume, unterstützende Menschen, persönliche Kontakte mit gleichaltrigen Gleichgesinnten, damit junge queere Menschen in der gerade für sie besonders schwierigen Zeit der Identitätsfindung Rückhalt erfahren und ihren Weg selbstbewusst und selbstbestimmt gehen können.

Die Corona Krise hat diese Räume und Kontakte stark eingeschränkt. Auch wenn das anyway durch vielfältige digitale Angebote den Kontakt zu seinen Besucher*innen hält, fehlen doch wesentliche Elemente des so wichtigen Gemeinschaftsgefühls, die aus direkten Kontakten entstehen. Nicht wenige Jugendliche sind gerade, sehr auf sich allein gestellt, mit ihren Fragen und Sorgen.

Die Einschränkungen des täglichen Lebens, die Schließung von Schulen und Jugendzentren sowie die Kontaktbeschränkungen zu anderen LSBTIQ*-Gleichaltrigen haben Einfluss auf das Coming-out. Mehr als Fünftel der Jugendliche (22%) gibt an, dass sich Corona und die damit verbundenen Maßnahmen auf ihren Coming-out-Prozess auswirken. Die Folgen reichen von Einschränkungen und Verzögerungen im Coming-out-Prozess bis dahin, sich nicht zu outen. 11,8 Prozent der Befragten gaben an: “Ich traue mich aktuell nicht, mich zu outen, weil ich immer Zuhause sein muss.”

Die beispiellose Kampagne des anyway und die hohe Spendenbereitschaft -vor allem ehemaliger anyway Besucher*innen, hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass queere Strukturen die Zeit der Pandemie überleben. Es zeugt von der Professionalität des Jugendzentrums, dass sie als Reaktion auf diese Umfrage sofort eine virtuelle LSBTIQ*-Empowerment-Gruppe eingerichtet haben.

Wir fordern einen Regenbogenrettungsschirm, damit die Community die Unterstützung findet, die sie braucht. Um die Auswirkungen von Diskriminierung langfristig und wirksam zu bekämpfen, haben wir einen Antrag für einen bundesweiten Aktionsplan für Vielfalt, gegen Trans- und Homofeindlichkeit in den Bundestag eingebracht.“