Brief und Einladung an Bundesverkehrsminister Wissing für den Erhalt der Rodenkirchener Brücke

Mein vollständiger Brief an Bundesverkehrsminister Wissing im Wortlaut:

„Sehr geehrter Herr Bundesverkehrsminister,

lieber Volker Wissing,

in unserem gemeinsamen Koalitionsvertrag von SPD, GRÜNEN und FDP mit dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ haben wir als Ampel-Koalition unseren Willen eines neuen „Infrastrukturkonsenses“ bekräftigt und das Ziel einer gemeinsamen Abstimmung über laufende Projekte im Bundesverkehrswegeplan festgehalten.

Ich wende mich als direkt gewählter Abgeordneter für den Kölner Südwesten an Sie, weil ein konkretes Projekt im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 steht, das direkt meinen Wahlkreis betrifft. Konkret handelt es sich um das Projekt „A4Plus“, das einen achtspurigen Ausbau der A4 zwischen Köln-Gremberg und Köln-Süd vorsieht. Laut Gutachten würde dies auch die Gefahr eines Abrisses und Neubaus der denkmalgeschützten Rodenkirchener Brücke bedeuten.

Insbesondere bei der Bevölkerung im Stadtteil Rodenkirchen stößt dies auf große Sorgen und Widerstand, da ein Ausbau der A4 mit starken Beeinträchtigungen für Mensch und Natur verbunden wäre. Die Rodenkirchener Brücke ist zudem ein wichtiges Symbol für den Kölner Süden, mit dem die Menschen vor Ort sich identifizieren.

Ich persönlich halte die einstigen Pläne für nicht mehr zeitgemäß, zu teuer und noch dazu klimaschädlich. Die Einzelheiten lege ich Ihnen gerne dar:

  1. Den Autobahnausbau und -neubauplänen liegen fragwürdige Erhebungen zugrunde: Die Verkehrsstudie, mit der die Ausbaupläne und der Neubau der Rodenkirchener Brücke begründet wird, arbeitet mit Verkehrsdaten aus 2018. In diesem Zeitraum war vor allem der Güterverkehr aufgrund mehrerer Faktoren auf der A4 enorm erhöht. Der gesamte Ost-West- und Süd-Nordwest-Verkehr musste über den südlichen Autobahnring abgeleitet werden, weil die Leverkusener und die Mülheimer Brücke für LKW gesperrt waren und die Zoobrücke durch die Lastenbeschränkung für LKW ab 30 Tonnen nicht nutzbar ist. Mit dem zeitnahen Abschluss der Arbeiten an der Leverkusener Brücke wird sich die Situation auf der A4 absehbar entspannen.
  2. Wurden die Kosten des Projekts in den vergangenen Jahren schon mit mehreren hundert Millionen Euro taxiert, ist mit erheblichen Kostensteigerungen durch die allgemeine Baukosteninflation zu rechnen. Das führte bei einer anderen geplanten Rheinquerung in der Region, der „Rheinspange 553“, zuletzt zu erwarteten Baukosten von über einer Milliarde Euro. Angesichts des aktuell vordringlichen Bedarfs an Brückensanierungen im Land würden hier finanzielle Mittel und auch planerische Kapazitäten gebunden, die andernorts dringender benötigt werden.
  3. Wir können und werden unsere Klimaziele im Verkehrssektor nicht durch den Ausbau von Autobahnen erreichen können. Stattdessen braucht es insbesondere die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene, wie sie etwa durch die Verlängerung der Stadtbahn-Verbindung zwischen Bonn, Niederkassel und Köln richtigerweise vorangetrieben wird. Die systematische Stilllegung der Schienenstrecken seit 1990 (insg. 5.400 km) hat zudem dazu geführt, dass 81 Prozent mehr Güter per LKW transportiert wurden (1995-2018). Dies ist eine der wichtigsten Ursachen für Staus auf bestehenden Autobahnstrecken und sollte ein zentraler Ansatzpunkt fortschrittsgeleiteter Verkehrspolitik sein.

Ein Ausbau der A4 auf diesem hochverdichteten Abschnitt – zumal wenn er ohne Rücksicht auf die Auswirkungen auf Mensch und Klima beschleunigt würde –  wäre jedoch kein neuer Infrastrukturkonsens, sondern würde massive Proteste in der Region auslösen.

Ich lade Sie, Herr Minister Wissing, darum herzlich zu einer Besichtigung der Rodenkirchener Brücke nach Köln ein und würde mich freuen mit Ihnen und den vielen engagierten Bürger*innen vor Ort zum Thema Verkehrswende ins Gespräch zu kommen.

Mit kollegialen Grüßen

Sven Lehmann MdB“