Für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung – Nein zur Abschiebung von Ibrahim Cemil Özdemir

Gemeinsame Erklärung:

„Nicht der Krieg ist der Ernstfall, in dem der Mann sich zu bewähren habe, wie meine Generation in der kaiserlichen Zeit auf den Schulbänken lernte, sondern der Frieden ist der Ernstfall, in dem wir alle uns zu bewähren haben. Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr.“ (Der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann in seine Antrittsrede 1969)

Wir wenden uns mit dieser Erklärung an die zuständigen Behörden und Gerichte und fordern die Verhinderung der drohenden Abschiebung des Kriegsdienstverweigerers Cemil Ibrahim Özdemirs in die Türkei. Die türkische Regierung verletzt systematisch Menschen- und Freiheitsrechte, unterdrückt gewaltsam ethnische und religiöse Minderheiten und erwägt erneut einen Einmarsch in Syrien. Die Türkei ist das einzige Mitglied des Europarats, in dem es kein Recht und keine Möglichkeit gibt, legal den Kriegsdienst zu verweigern oder Ersatzdienst zu leisten, sondern lediglich gegen eine Geldzahlung eine Reduzierung des Militärdienstes gewährt wird. hunderttausende Kriegsdienstverweigerer in der Türkei wurden damit in ihren Rechten eingeschränkt.

Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist Bestandteil der Gedanken-,  Religions-, und Gewissensfreiheit. Dies hat der europäische Gerichtshof bereits 2011 anerkannt – nicht nur die grundsätzlichsten menschlichen Werte, auch die Rechtsprechung verpflichten damit Deutschland wie die Türkei, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu ermöglichen und zu schützen. Ihre Kriminalisierung und Verfolgung bedeutet eine Missachtung der Menschenrechte. Dieses Vorgehen ist nicht vereinbar mit dem Rechtssystem und den Werten einer demokratischen Gesellschaft, auch das geht aus Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Erklärungen des UN-Menschenrechtsrates hervor.

Kriegsdienstverweigerern droht in der Türkei ein lebenslanger Kreislauf von Strafverfolgung und Inhaftierung, ein öffentliches Bekenntnis zur Verweigerung kann zu juristischer Verfolgung und Anklage aufgrund von „Distanzierung des Volkes vom Militär“ oder „terroristischer Propaganda“ führen. Kriegsdienstverweigerer werden häufig in die Illegalität gezwungen und damit vom sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen. Ibrahim Cemil Özdemir ist aufgrund der Verweigerung des Kriegsdienstes inhaftiert und gefoltert worden.

Wir widersprechen entschieden der Auffassung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, das Ibrahim Cemil Özdemir mitteilen ließ, eine „eventuell drohende Bestrafung wegen Verstöße (sic!) gegen das Militärstrafgesetzbuch ist keine schutzrelevante Verfolgung sondern Ahndung kriminellen Unrechts“. Mit einer solchen Haltung macht sich der deutsche Staat zum Komplizen der Menschenrechtsverletzungen der türkischen Regierung.

Die Weigerung zu Töten ist kein Verbrechen – der Krieg ist ein Verbrechen. Wir fordern daher die Achtung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung und die sofortige Verhinderung der Abschiebung von Ibrahim Cemil Özdemir.

 

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner

Allerweltskino Köln

Doğan Akhanlı, Autor und Menschenrechtsaktivist

Rudi Friedrich, Connection e.V.

Claus-Ulrich Prölß, Vorsitzender des Kölner Flüchtlingsrats

Gerrit Wustmann, Autor

Osman Okkan, Schriftsteller/ Kulturforum TürkeiDeutschland

Kulturforum TürkeiDeutschland

Initiative “Kölner Helfen“

TüDay – Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland

Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Köln (DFG VK)

Verlag Assoziation A

Unrast Verlag Kollektiv

Prof. Gazi Çağlar Autor Çağlar, Autor, Politikwissenschaftler und Hochschullehrer

Rolly Brings, Journalist und Filmemacher

Tobias Kiwitt, Autor und Rechtsanwalt

Günter Wallraff, Schriftsteller und Journalist

Eva-Maria Zimmermann, Gewerkschaftssekräterin GEW Köln

Albrecht Kieser, Journalist und Autor

Wilfried Schmickler, Kabarettist

Hans Mörtter, Pfarrer der Lutherkirche

Franz Meurer Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Theodor und St. Elisabet

Conny Schmerbach, Mitglied des Integrationsrates und Stadtbezirksvorsitzende der SPD

Sven Lehmann, MdB, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dr. Rolf Mützenich, MdB, Kommissarischer Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion

Christiane Jäger, Vorsitzende der Köln SPD

Christian Joisten, Vorsitzender der Fraktion der Köln SPD im Rat der Stadt

Matthias W. Birkwald MdB, DIE LINKE.

Jörg Detjen, Mitglied im Rat der Stadt Köln

Dr. Sahra Wagenknecht, MdB, Fraktionsvorsitzende DIE LINKE. im Deutschen Bundestag

Dr. Dietmar Bartsch, MdB, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE. im Deutschen Bundestag